Zwei Urgesteine der Dübendorfer Classe Politique gehen erneut aufeinander los. Im Anschluss an die Parlamentssitzung vom Montag bezichtigt Gemeinderat Orlando Wyss (SVP) Stadtrat Martin Bäumle (GLP/GEU) der Lüge. Und Bäumle schiesst zurück.
Im Zentrum des Streits steht – wie so oft in Dübendorf – der Flugplatz. Im November 2017 sagte die Bevölkerung von Dübendorf, Wangen-Brüttisellen und Volketswil Ja zum Konzept «Historischer Flugplatz mit Werkflügen» (HFW). Die Standortgemeinden sprachen sich damit gegen die Pläne des Bundes aus, der den Flugplatz für die zivilaviatische Nutzung öffnen will. Sie wünschen sich einen Flugplatz ohne Business- und Sport-Fliegerei und mit eingeschränkten Betriebszeiten. Die SVP hatte sich von Anfang an gegen das HFW-Konzept gestellt. Und obschon die Partei immer wieder betont, dass sie den Volksentscheid akzeptiere, kritisiert sie das Flugplatz-Konzept regelmässig.
Auslöser ist eine Interpellation
Stein des Anstosses ist jetzt die Antwort des Stadtrats auf eine Interpellation von Wyss' Parteikollegen Lukas Schanz. Darin will dieser vom Stadtrat wissen, warum die Stadt Dübendorf Steuergelder für den im Mai durchgeführten Tag der offenen Tür auf dem Flugplatz Dübendorf springen lässt. Einer Veranstaltung notabene, in der für das HFW-Konzept geworben wurde.
Das Geschäft wurde in der montäglichen Gemeinderatssitzung diskutiert. Die SVP nutzte die Gelegenheit, um Grundsatzkritik am Stadtrat in Sachen Flugplatzpolitik zu üben. Die Partei beanstandete einen Meinungsumschwung bei der Regierung: Diese habe sich nicht schon immer für eine militärische Nutzung des Flugplatzes ausgesprochen. Und Orlando Wyss doppelt ausserhalb der Ratssitzung nach. In einem Schreiben an die Redaktion kritisiert er den Stadtrat: «Wie können Leute, welche den Flugplatz dazumal schliessen wollten (und) jegliche zivile und militärische Aviatik in Dübendorf verbieten wollten, sich jetzt als Betreiber einer Werkflugplatz Dübendorf AG inszenieren.»
Die umstrittene Aussage
Eine Aussage Bäumles stört Wyss besonders: Bäumle sagte in der Sitzung nämlich, dass der Stadtrat «niemals gegen die militärische Fliegerei gewesen sei».
Wyss taxiert das als «bewusste Falschaussage»: Er schreibt in seinem Brief: «Er (Bäumle, Anm. d. Red.) sagte dem versammelten Gemeinderat, dem Publikum und der Presse, dass der Stadtrat Dübendorf nie die militärische Aviatik verbieten wollte und immer hinter dieser militärischen Aviatik gestanden sei.»
«Das ist eine Lüge.»
Gemeinderat Orlando Wyss (SVP) über Bäumles Aussage
Das aber sei eine «Lüge». Wyss verweist auf einen Brief, den der damalige Stadtpräsident Lothar Ziörjen (BDP) im Namen der Standortgemeinden zusammen mit den damaligen Gemeindepräsidenten von Wangen-Brüttisellen und Volketswil an den Bundesrat geschickt hatte. Der Brief ist datiert auf den 18. Dezember 2007, also zwei Jahre nachdem der Bund beschlossen hat, den Militärjet-Betrieb in Dübendorf auf Eis zu legen. Im Schreiben legen die Gemeinden dar, was ihrer Meinung nach fortan auf dem Flugplatzgelände geschehen soll: «Nach 2014 darf kein militärischer Flugbetrieb mehr am Flugplatz Dübendorf stattfinden.»
Der Brief der Standortgemeinden an den damaligen Bundesrat Samuel Schmid:
Auf Anfrage von Züriost gibt Finanzvorstand Bäumle genauso hart zurück: «Statt über die Sache zu diskutieren, zielt Wyss mit seinem Vorwurf auf meine Person.» Wyss biege die Fakten zurecht, nur um einen politischen Gegner persönlich anzuschwärzen.
«Wyss' zielt mit seinem Vorwurf auf meine Person.»
Martin Bäumle (GLP/GEU), Finanzvorstand von Dübendorf
Bäumle räumt ein, dass seine Aussage im Rat unpräzis war. Ihn deswegen als Lügner hinzustellen, sei aber absolut unangebracht. Und Bäumle wirft Wyss vor, die historischen Tatsachen zu verkennen: «Der Stadtrat war immer transparent und hat sich in Sachen Militäraviatik wenn immer möglich hinter den Standpunkt des Bundesrats gestellt.» Und die Regierung habe in der HFW-Debatte immer klar kommuniziert, dass man im Verteidigungsdepartement einen Partner sehe.
Dass der Stadtrat seine Meinung geändert habe, liege einzig darin begründet, dass auch die Haltung des Bundesrats sich im Lauf der Zeit gewandelt habe. So stamme der Brief, aus dem Wyss zitiert, aus einer Zeit, als der Bundesrat beschlossen hatte, den militätrischen Betrieb auf dem Flugplatz künftig einzustellen. Zu dieser Zeit habe auch der Stadtrat den Flugplatz aufgeben wollen. Als der Bundesrat zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb eines Heliports doch wieder eine teilmilitäraviatische Nutzung zugelassen habe, sei auch der Stadtrat wieder von seiner grundsätzlich ablehnenden Haltung abgewichen.
Bäumle betont, dass seine Aussage im Gemeinderat im Kontext des aktuellen HFW-Konzepts und der Heliport-Nutzung richtig war. Trotz seinem Ärger wird er keine rechtlichen Schritte gegen Wyss unternehmen.
Derweil weist Wyss Bäumles Vorwurf, er ziele auf dessen Person, zurück: «Wenn ein anderes Mitglied des Stadtrats diese Aussage gemacht hätte, hätte ich genau gleich reagiert.»